Escalating perception

Christian Niccoli

ESCALATING PERCEPTION / THE PATH 2005
5 Kanal Videoinstallation, Videobeamber, DVD Player, 5.1 Surround Boxen, Verstärker

Escalating perception/ Videofilm, 3:55, DV-pal überspielt auf DVD, 5.1 Dolby surround

Dieser Videofilm wurde in Zusammenarbeit mit VIDEOGRAPHE (Centre de Recherche Médiale, Montréal, Canada) realisiert, in der WERKLEITZ GESELLSCHAFT e. V. (Zentrum für künstlerische Bildbearbeitung Sachsen-Anhalt, Halle/Saale, Deutschland) postproduziert und von der Künstlerförderung der Südtiroler Landesregierung finanziert.

Die Videoinstallation Escalating perception / the path ist der zweite der dreiteilig angelegten Serie Escalating perception. Das Projekt thematisiert den öffentlichen Transport im metropolitanen Kontext als einen Raum der non verbaler Kommunikation, als einen anonymen Ort des Austausches von Blicken. Der Moment des Blickwechsels, der in allen drei Videoinstallationen geschildert wird, ist jener zwischen zwei Individuen, die sich auf gegenüberliegenden Rolltreppen treffen (wobei sich eine ab und die andere hinaufbewegt). Die drei Videoinstallationen beziehen sich jeweils auf einen Aspekt des Verhältnisses zwischen zwei Personen auf einer Rolltreppe, welcher z.B. jener der Suche nach einem Partner.

Die drei Videoinstallationen beziehen sich jeweils auf drei Metropolen: Berlin, Montréal und Istanbul. Die drei Städte wurden auf Grund ihrer jeweiligen Eigenschaften gewählt, um passend zum Schwerpunkt der einzelnen Arbeiten zu sein. Außerdem kann dadurch die visuelle Wahrnehmung im öffentlichen Transport zwischen den jeweiligen Städten in ein Verhältnis gestellt werden, um die kulturellen Prägungen in der Wahrnehmung herauszuarbeiten.

Die Arbeit ist auf zwei separate Sprachkanäle aufgeteilt: ein Bildkanal, der aus einer Videoprojektion besteht und ein Tonkanal, der wiederum auf drei Spuren aufgeteilt ist. Wenn der Betrachter den Raum betritt, hat er vor sich eine wandfüllende Projektion. Die restlichen drei Wände sind hingegen jeweils mit einer Boxe bestückt. Aus jeder der drei Boxen ertönen Ausschnitte aus Interviews mit jeweils einer Person. Dadurch hat der Betrachter den Eindruck, wenn er in der Mitte des Raumes steht und das Video anschaut, sich mittelst einer Konversation zu befinden. Die Projektion dagegen zeigt eine filmische Darstellung einer Begegnung zwischen einem jungen Mann und einer älteren Dame auf einem Wanderweg in einer desolaten Landschaft.

Die Installation erforscht das Treffen zweier Menschen auf einer Rolltreppe im öffentlichen Transport der kanadischen Stadt Montréal. Dabei geht es um einen präzisen Aspekt einer Begegnung zweier Menschen in einem anonymen Kontext: die Bedrohung. In westlichen, modernen Städten ist der direkte Zugang zu Gewalt in der Regel unwahrscheinlich. Gewalt erleben, sich selbst verteidigen zu müssen, sind Erfahrungen die vielen von uns fremd sind. Selbst wenn wir uns in westlichen Grosstädten nicht direkt, körperlich mit anderen Individuen auseinandersetzen müssen, sind Instinkte wie Gewalt und Bedrohung weiterhin vorhanden. Die Vielfalt der Möglichkeiten, die unsere Gesellschaft uns bietet, unser eigenes Glück zu finden, führt uns – gerade in Grosstädten – zu einen ständigen Vergleich mit anderen Individuen (auch welche die wir nicht kennen) und dessen äußerliche Glückszeichen wie gutes Aussehen, soziale Position oder Zufriedenheit in Partnerschaft oder Familie. Diese Form der Auseinandersetzung hat, laut Niccoli, die physische Bedrohung ersetzt.

Um die Idee der Bedrohung deutlicher zu machen, hat Christian Niccoli das Treffen der beiden Individuen auf der Rolltreppe wie ein archaisches Duell dargestellt. Im Video erkennen die beiden Figuren die Anwesenheit des anderen in der Ferne und versuchen festzustellen, ob der andere eine Lebensbedrohung für sich selbst darstellen könnte. Je näher sie einander kommen und je definierter sie sich gegenseitig sehen können, desto mehr fokussieren sich ihre Blicke auf die Eigenschaften ihres Aussehens um herauszufinden, aus welchem sozialen Umfeld die andere Person stammen könnte.

Während im Video eine fiktive Szene dargestellt ist, sind die Interviews eine Art realer Kanal zu den Bildern. Die Stimmen, die aus den drei Lautsprechern zu hören sind, sind Ausschnitte aus Interviews mit zwei frankophonen Männern und einer anglophonen Frau aus Montréal über ihre Erfahrungen und Eindrücke zum Thema nonverbale, visuelle Konfrontation und Bedrohung im öffentlichen Transport.